Anfang des Jahres habe ich über die Diskussion um Ihren Friedhof und über die
geplanten muslimischen Gräber gelesen. Dabei wurde auch das ergriffene Referendum
erwähnt.
Mit diesem Brief möchte ich Sie einladen, eine weitere Perspektive in Betracht zu
ziehen: die der Menschenwürde.
Ein Friedhof ist ein Ort des Vertrauens, ein Ort um Familie, Freunde und Bekannte zu
ehren. Hier sollen wir uns an die Menschen erinnern können, die uns wichtig waren. Ein
Friedhof sollte kein Politikum sein.
Die 70 muslimischen Gräber auf dem Weinfelder Friedhof sollten auch so gesehen
werden. Sie sind keine Gefahr für die Säkularisierung, sondern ein Zeichen der
Menschenwürde. Ein Zeichen der Zugehörigkeit für die circa 10% Moselms in ihrer
Gemeinde. Sie bieten die Chance, Freunden, Nachbarn, und Mitmenschen eine
würdevolle Ruhestätte zu gewähren.
Es stimmt, Friedhöfe sind in der Schweiz seit 1874 Kompetenz der zivilen Behörden.
Hinzu kommt, ein säkularisierter Staat ist einer der Schweizer Grundwerte.
Ein weiterer Schweizer Grundwert ist die jedoch auch Diversität. Wir sind ein Land mit
vier Landessprachen, 26 Kantonen und verschiedensten Dialekten. Grundvoraussetzung
für diese Diversität ist die gegenseitige Achtung und eine Prise Kompromissbereitschaft.
Ich glaube, dass diese Kompromissbereitschaft auch in dieser Diskussion viel helfen
würde.
Ich lade Sie ein, dies bei der Abstimmung am 18. Mai zu bedenken und den rund 10%
der Weinfelderinnen und Weinfelder, welche Moselms sind, eine würdevolle Ruhestätte
zu ermöglichen.
Raffael Hüberli, 23, studiert momentan im Master Internationale Beziehungen und
arbeitete zuvor in San Francisco für das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und
Innovation (SBFI).
ZVG