Der Regierungsrat des Kantons Thurgau hat beschlossen, das Angebot eines ambulant-aufsuchenden Kriseninterventionsteams in der Kinder- und Jugendpsychiatrie als Pilotprojekt von 2023 bis 2025 in den Leistungsauftrag der Spital Thurgau AG aufzunehmen. Zudem hat er die Bettenzahl für die stationäre Behandlung von Kindern und Jugendlichen bis zum Erreichen des 18. Altersjahres in der Clienia Littenheid AG vom 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2025 um drei Betten auf 17 Betten erhöht. Mit diesen Massnahmen begegnet der Regierungsrat dem Engpass in der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung.
Die Nachfrage nach kinder- und jugendpsychiatrischen Angeboten hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. In den Jahren 2020 und 2021 verschärfte sich dieser Trend überproportional. Sämtliche ambulanten, teilstationären und stationären Angebote im Kanton Thurgau waren und sind voll belegt, zudem bestehen lange Wartezeiten. Insbesondere beobachten der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst (KJPD) und die Clienia Littenheid AG (Clienia) eine Zunahme von schweren psychiatrischen Krankheitsbildern wie erstmalige psychotische Krisen, schwere depressive Krankheitsbilder, Zwangsstörungen, Somatisierungsstörungen und Angsterkrankungen. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben zu einem schweizweit anerkannten Versorgungsengpass im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie geführt, der nach Ansicht vieler Expertinnen und Experten auch nach Abflauen der Pandemie fortbestehen wird.
Der Kanton Thurgau vertritt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie die Strategie der ambulanten und der intensivierten ambulanten Therapie. Die ambulante, aufsuchende und tagesklinische kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung im Kanton wird grundsätzlich durch den KJPD der Spital Thurgau AG (STGAG) erbracht. Die stationäre Kinder- und Jugendpsychiatrie zwischen dem 12. und 18. Geburtstag für Thurgauer Kinder und Jugendliche wiederum findet im Zentrum für Jugendpsychiatrie der Clienia statt. Vereinbarte Ausnahmeregelungen zwischen den beiden Kliniken ermöglichen in Ausnahmefällen die Behandlung in der anderen als der vorgesehenen Klinik.
Um dem Engpass in der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung zu begegnen, hat der Regierungsrat einerseits das Angebot des ambulant-aufsuchenden Kriseninterventionsteams (AKIT) als Pilotprojekt genehmigt und andererseits die Bettenzahl für die stationäre Behandlung von Kindern und Jugendlichen in der Clienia Littenheid AG um drei auf 17 Betten erhöht. AKIT bietet eine zusätzliche intensive Behandlungskapazität für 72 minderjährige Patientinnen und Patienten pro Jahr. Zielgruppe sind im Thurgau wohnhafte Kinder und Jugendliche mit schweren psychiatrischen Erkrankungen in einer krisenhaften Entwicklung, die auf eine reguläre, ambulante, aufsuchende oder tagesklinische Behandlung des KJPD nicht warten können oder die aus einer stationären Behandlung in der Clienia frühzeitig entlassen wurden. AKIT soll ans Psychiatriezentrum Weinfelden angegliedert werden. Dies erlaubt eine enge Zusammenarbeit mit dem KJPD-Ambulatorium Weinfelden und durch die zentrale Lage eine maximale Wegzeit von 40 Minuten, in der alle Familien auch an den Grenzen des Kantons aufsuchend erreicht werden können.
Um AKIT kostendeckend betreiben zu können, beteiligt sich der Kanton an den ausgewiesenen, von den Sozialversicherungen nicht gedeckten Kosten von AKIT jährlich mit einer Pauschale. Aus den Erfahrungen mit den anderen aufsuchenden Teams decken die Versichererbeiträge 45 Prozent der Gesamtkosten von circa 1.27 Millionen Franken, was einem Kantonsbeitrag von circa 700’000 Franken entspricht. Die Finanzierung der stationären Plätze folgt der ordentlichen Spitalfinanzierung gemäss Gesetz über die Krankenversicherung. Der Kanton trägt einen Anteil von 55 Prozent und die Tarife richten sich nach den genehmigten Tarifen mit den Krankenversicherungen. Im Jahr 2021 kostete ein Behandlungstag in der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Durchschnitt 977 Franken pro Tag mit einem Kantonsanteil von 538 Franken pro Tag. Drei zusätzliche Betten ergeben Kosten von circa 1.07 Millionen Franken, davon 588’000 Franken zulasten des Kantons.
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