Pfingsten – geheime Sehnsucht nach dem heiligen Geist

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Im postmodernen Mischmasch und Einerlei gibt es keinen grossen Unterschied zwischen dem Alkoholgehalt, der Vernunft und dem Heiligen Geist. Müssen wir den Geist aber deshalb abschreiben, weil er so vieldeutig ist? Lassen wir ihn vorübergehend in Frühpension gehen, weil wir ihn ohnehin nicht brauchen? Was wäre in unserem Leben anders, wenn wir Pfingsten nicht feiern würden? Oder ist er doch eine tiefe geheime Sehnsucht in uns, die über das Faktische, die Berechenbarkeit und die Verfügbarkeit hinausgeht, weil wir uns doch nicht der Herrschaft der Resignation unterwerfen und aus dem mit der Zeit faden Kreislauf des Habens und Besitzens ausbrechen wollen? Oder wollen wir vielleicht hoch hinaus, um dann – wie beim Turmbau zu Babel – ganz unten zu landen? Beschwören wir den reinen Geist der Gnosis, jener dualistischen Tendenz, die Leib und Geist so strikt zu trennen suchte und deshalb der ärgste Feind des Heiligen Geistes ist, weil er keine Fleischwerdung Gottes und auch kein Kreuz kennt?

Um dem Heiligen Geist Gottes auf die Spur zu kommen, dürfen wir uns von der Heiligen Schrift her leiten lassen. Der Geist Gottes ist der schöpferische Geist des Lebens. Er schwebt, wie es im Buch Genesis heisst, über dem Wasser, einer Urflut und einem Zustand, der noch „wüst ist und leer“, eben dem Tohuwabohu. Der Geist Gottes bewirkt, dass die Erde bewohnbar wird und nicht untergeht in materieller und geistiger Umweltverschmutzung. Aus dem Chaos wird ein Kosmos, aus dem zerstörerischen Durcheinander eine Beziehungsstruktur, aus dem Kampf mit dem Recht des Stärkeren ein gegenseitiges Wahr- und Annehmen in Würde. Adam wird zum Menschen, weil ihm der Geist eingehaucht wird, einer, der zu Gott Du sagen kann. Der Heilige Geist ist eine „kraftgeladene Wirklichkeit von höchster Lebendigkeit und Bewegtheit“, sagt der deutsche Theologe Alfons Deissler.

Der Geist der Liebe ist es, der aus der entmutigten, verzweifelten, zerstreuten und verleugnenden Jüngerschar Zeugen der Auferstehung erstehen lässt. Gottes Geist gibt ihnen eine neue Sprache: aus dem Blabla, dem unverbindlichen Geschwätz, aus dem Gezänk der Parteien, der Saft- und Kraftlosigkeit der Predigten, in den Sprachbarrieren entsteht eine neue Verstehensgemeinschaft. Als geisterfüllte Menschen erinnern und bezeugen die Apostel das kraftvolle, tröstende Wort Gottes, das Jesus in Person ist. Der Geist ist ihnen Beistand, der guten Stand gibt, gerade wenn sie traurigen, sprachlosen, lahmen, trägen, einsamen, verängstigten oder verbitterten Menschen begegnen. Der Heilige Geist eröffnet Lebensräume, wo alle in die Enge getrieben sind, Freiräume, wo die Lasten drücken, Quellen, wo alles verkarstet, Licht, wo Dunkel herrscht.

Wir feiern das Hochfest Pfingsten am Sonntag, 8. Juni um 10 Uhr in der Kirche St. Johannes. Der Kirchenchor gestaltet den Festgottesdienst musikalisch mit, es ertönen die «Messe bréve» von Charles Gounod, das «Cantique de Jean Racine» von Gabriel Fauré und von Georg Fr. Händel «Komm, heilger Geist».

Kirche St. Johannes, Weinfelden

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