Vertretungen aus politischen Gemeinden und Schulgemeinden diskutieren ihre Rolle
Was ist frühe Sprachbildung und wie gelingt sie? 200 Personen nahmen sich an der 2. Konferenz Frühe Förderung im Kanton Thurgau der kantonalen Fachstelle für Kinder-, Jugend- und Familienfragen dieser Frage an. Sie diskutierten, weshalb Gespräche so zentral für die frühkindliche Sprachentwicklung sind und welche Strukturen Familien mit Kindern im Vorschulalter unterstützen können.
Jasmin Gonzenbach-Katz, Fachexpertin der Fachstelle für Kinder-, Jugend- und Familienfragen, präsentierte die Massnahmen des Kantons Thurgau in Bezug auf frühe Sprachbildung. Dazu gehört einerseits die Einführung des selektiven Obligatoriums vorschulische Sprachförderung. Im Januar 2024 erhalten erstmals alle Eltern mit dreijährigen Kindern von den Schulgemeinden einen Fragebogen, damit sie den Sprachstand ihres Kindes einschätzen. So möchte der Kanton Kindern, die wenig Deutschkenntnisse haben, einen guten Start in den Kindergarten ermöglichen. Kinder mit Förderbedarf besuchen ein Jahr vor dem Kindergarten eine Spielgruppe, Kita oder Tagesfamilie. So kommen die Kinder mit anderen Kindern in Kontakt und lernen spielend die deutsche Sprache und weitere Kompetenzen.

Andererseits bestehen im Kanton Thurgau seit kurzem die Hilfsmittel «Mit Kindern im Gespräch». Sechs Leitlinien zeigen auf, wie Eltern ihre Kinder ab Geburt unterstützen können, dass sie vielfältige sprachliche Fertigkeiten erwerben. Der Familienalltag bietet zahlreiche Gelegenheiten, Sprache vielfältig zu gebrauchen: Geschichten erzählen, über Erlebtes und Gefühle berichten oder die Welt erklären. Wenn die Eltern in ihrer stärksten Sprache sprechen, werden Gespräche lebendig und Kinder werden vertraut mit bildungssprachlichen Fertigkeiten, wie sie nachher auch in Schule und Beruf relevant sind.
Auf der Webseite elternwissen-tg.ch/sprich-mit-mir finden Eltern den Flyer «Mit Kindern im Gespräch» und weitere Informationen zum Thema Sprache.
Gespräche: ein wichtiger Motor des Lernens
Claudia Neugebauer, Dozentin der Pädagogischen Hochschule Zürich zeigte auf, wie Alltagsgespräche in der Familie sowie im pädagogischen Kontext z.B. einer Spielgruppe oder Kita als Lerngelegenheiten genutzt werden können. Bei sprachlichen Handlungen geht es weniger darum, nur Dinge zu benennen, z.B. was wie heisst, sondern auch darum, Verknüpfungen mit Erlebtem und Gedanken herzustellen.

Eine einfache sprachliche Handlung wäre beispielsweise ein Wimmelbuch anzuschauen und die Dinge zu benennen. Wenn Erwachsene das Kind beim Anschauen des Wimmelbuchs ermuntern, über eigene Erlebnisse zu sprechen oder Zusammenhänge zu erklären, bietet das Gespräch wertvolle Gelegenheiten zum gemeinsamen Lernen. Zusammen über ein Thema zu sprechen, etwas zu berichten oder zu erklären, bereitet nicht nur Erwachsenen Freude, sondern auch Kindern. In diesen Situationen lernen Kinder, etwas auszuhandeln: So sind Gespräche auch ein wichtiger Baustein in der Entwicklung von sozialen Kompetenzen. Auf der Webseite kinder-4.ch finden Eltern Videobeispiele aus dem Alltag.
Die Rollen der verschiedenen Akteurinnen und Akteure
In Workshops vertieften pädagogische Fachpersonen ihr Handeln in Bezug auf sprachliche Anregung und wie sie in einer Kindergruppe Gelegenheiten wahrnehmen oder gezielt anbieten können. Fachpersonen der Frühen Förderung diskutierten, wie sie Eltern in Bezug auf sprachliche Entwicklung der Kinder beraten können. Vertretungen von Politischen Gemeinden und Schulgemeinden setzten sich mit ihrer Rolle auseinander, wie sie die sprachliche Frühe Förderung in ihrer Gemeinde umsetzen, damit alle Familien und Kinder profitieren können.
Die Bedeutung der Muttersprache
Mehrsprachigkeit ist in der Schweiz die Norm, 68 % der Bevölkerung verwenden regelmässig mehr als eine Sprache, erläutert Jacqueline Seiler, OTB Consulting GmbH. Die Sprache ist ein wichtiger Pfeiler der eigenen Identität und der Zugehörigkeit. Gleichzeitig ermöglicht Sprache Chancen in der Schule, im Beruf und bei der Integration. Deshalb ist es wichtig, dass mehrsprachige Familien verständlich informiert sind. So können Eltern bewusst die sprachliche Entwicklung ihrer Kinder fördern und die Kinder teilhaben – sowohl in ihrer Familie und Kultur als auch in Kontakten ausserhalb der Familie.
Die Präsentationen der Referentinnen sind auf der Webseite der Fachstelle für Kinder-, Jugend- und Familienfragen veröffentlicht: www.kjf.tg.ch > Netzwerktreffen/Veranstaltungen > Archiv > 2. Konferenz Frühe Förderung im Kanton Thurgau.
Kantonale Fachstelle für Kinder-, Jugend- und Familienfragen (KJF)
Die Fachstelle für Kinder-, Jugend- und Familienfragen setzt sich dafür ein, die Rahmenbedingungen für Kinder, Jugendliche und Familien im Kanton Thurgau weiter zu verbessern. Dabei stehen das Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen, der Schutz und die Förderung der Familie sowie die Anerkennung ihrer Leistungen im Vordergrund. Die Vernetzung und Koordination sowohl privater als auch staatlicher Angebote in diesen Bereichen gehören zu den Kernaufgaben der Fachstelle.
Ansprechperson: Pascal Mächler, Leiter der Fachstelle für Kinder-, Jugend- und Familienfragen (KJF), 058 345 57 61 oder pascal.maechler@tg.ch.
Homepage: www.kjf.tg.ch