Im Gespräch mit…

michael mente weinfelden wyfelder

…Michael Mente

Michael ist in Weinfelden aufgewachsen. Er hat in Zürich allgemeine Geschichte, deutsche Sprachwissenschaft und germanische Philologie studiert. In mittelalterlicher Geschichte hat er doktoriert und später in Chur einen Master in Informationswissenschaft absolviert. Seit einiger Zeit arbeitet er bei der kantonalen Denkmalpflege des Kantons Thurgau. Der Historiker und Archivar schreibt gerne und ist als Autor tätig. Unter anderem begeistern ihn die Lokal- und Bahngeschichte, aber auch weitere Geschichten, die das Leben schreibt. Er ist in verschiedenen Vereinen engagiert. Etwa bei der Historischen Mittel-Thurgau-Bahn.

Ein bisschen fühlt es sich wie Berufung an: Der Entschluss, mich in die Synode wählen zu lassen, ist in mir lange gereift. Unsere Kirche liegt mir am Herzen. Ich weiss aus beruflicher (viele Jahre für die Zürcher Kirche tätig), aber auch persönlicher Erfahrung, was die Kirche für die Gesellschaft Gutes tut und möchte etwas zurückgeben.

Als ich die Nachricht von den Wahlen sah, wurde es mir klarer. Ich fand, es ist Zeit und die Gelegenheit günstig: Ich bin in einem guten Alter und wer Christusnachfolge ernst nimmt, ist nicht einfach nur Konsument, sondern wird auch zum Mitarbeiter. Jeder nach seinen Talenten und Möglichkeiten. Auch das bedeutet Kirche. Ganz nach dem Grundsatz «mach was chasch, mit dem was häsch, dött, wod bisch» biete ich mich mit meiner Verwurzelung vor Ort und meinem Netzwerk in der Kirche, Politik und Verwaltung und mein Engagement dort an, wo ich es am besten einbringen kann. Sei es aufgrund meiner Fähigkeiten, beruflichen Erfahrungen, aber auch zeitlichen Möglichkeiten.

Mir ist wichtig, dass die Kirche ihren reformatorischen Grundsätzen treu bleibt, sich immer wieder selbst reflektiert und eben auch reformiert. Dabei soll sie sich nicht um sich selbst drehen, wohl aber sorgsam mit den Ressourcen – Menschen und Finanzen – umgehen. Ich möchte das Amt mit Respekt angehen, aber auch einer gewissen Demut, zunächst einmal zuhören, mitdiskutieren und versuchen, unterschiedliche Positionen einander näherzubringen. Unterschiede dürfen wir erkennen und benennen, auch mal etwas stehenlassen. Gemeinsames gilt es zu stärken, damit wir uns selbstbewusst als immer noch gesellschaftlich relevante Institution positionieren können.

Ich interessiere mich als Historiker für die gesellschaftlichen, politischen Fragen, denen sich die Landeskirche heute zu stellen hat. Wichtig sind mir aber auch inhaltliche, theologische Fragen und die Grundlagen unserer Kirche. Ich habe während vier Jahren die Zürcher Kampagne zum Reformationsjubiläum mitkuratiert, das Gesamtprojekt für die Landeskirche konzipiert und darin zahlreiche Vorhaben begleiten dürfen. Vielleicht ist Ihnen noch der Zwingli-Film in Erinnerung, den die Landeskirche auch begleiten durfte. Gerade Zwingli – auf dem Höhepunkt des Reformationsgeschehens in meinem Alter – hat mich als Person fasziniert und inspiriert.

Was bedeutet Dir die Kirchgemeinde Weinfelden?
Sie ist für mich Heimat. Nicht nur, weil ich unmittelbar unter den Kirchenglocken aufgewachsen bin, sondern weil ich hier immer wieder Anschluss finde und gute Beziehungen pflegen, Seelsorge und ein gutes Angebot vorfinden kann. Als ich für einige Jahre in Zürich gelebt habe, habe ich mir den Kirchenboten nachschicken lassen, damit ich auch auf diesem Weg informiert blieb. Es ist eine lebendige, aktive Gemeinde mit viel Potenzial. Wir dürften wieder mehr über das reden, was wir Gutes tun und bieten.

Was bedeutet Dir die Kirche und wo würdest Du Dich gerne in unserer Kirchgemeinde einbringen?
Viele Veränderungen fordern uns als Institution, aber auch unsere Theologie heraus. Was sind unsere Antworten darauf? Nicht alle Milieus suchen das Gleiche und so wie sich der Mensch im Laufe seines Lebens verändert, verändern sich auch seine Fragen und Bedürfnisse. Dem würde ich gerne mehr auf den Grund gehen.

Ich bin zeitlebens ein suchender Mensch und möchte ein Teil dieser Kraft nicht nur für mich, sondern auch für meine Umwelt nutzen. Das tue ich als Historiker, aber auch als Kirchenbürger.
Veränderungen und Krisen sind Herausforderungen, aber auch Chancen: Wir können den Menschen in der heutigen Zeit wieder bewusst machen, dass Kirche ein unglaubliches Angebot bereithält: Zum Beispiel, wie es seit der Reformation heisst, die Verkündigung der befreienden Botschaft des Evangeliums. Kirche mit ihren Strukturen und Beziehungen bietet aber noch etwas ganz anderes: Sie verschenkt Zeit. Zeit und Hinwendung. Sie ist eine Oase mitten im Alltagsstrudel mit all seinen Anforderungen. Jenseits von Verdienen Müssen, überhaupt ein Auge im Orkan des Müssens. Hier darf man. Und das fängt bei guten Beziehungen an. An diesen arbeite ich mit, gebe mich als Person hinein und stelle mich zur Verfügung. Ich engagiere mich zum Beispiel in einem Hauskreis und denke grundsätzlich bei Fragen des Glaubens und der Theologie, bei gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungsfragen und den Antworten für uns als Kirche und Gemeinde mit. Dafür bietet das Engagement bei der Synode eine ideale Plattform, wo ich mich als Sprachrohr in beide Richtungen anbiete.

Vielleicht bringe ich mich aber auch wieder einmal in der Vermittlung von Wissen ein, indem ich mich erwachsenenbildnerisch engagiere – etwa in Form von Führungen oder reflektierenden Texten. Aber eins nach dem anderen.

Was wünschst Du Dir von einer künftigen Pfarrperson?
Es soll eine vermittelnde und integrierende Person sein. Etiketten wie „liberal“ oder „evangelikal“ behagen mir nicht. Die Person sollte im besten Sinn „glaubwürdig“ sein. Ich sehe das ganz im Sinne des Kreuzes: Nach oben eine gute persönliche Verbindung zu Gott, nach unten verwurzelt im Glauben und einem guten theologischen Fundament, das offen nach Antworten sucht. Links und rechts die Arme ausgestreckt, offen vermittelnd, versöhnend und verbindend zu den unterschiedlichen Gliedern der Gemeinde mit ihren je eigenen Glaubensentwürfen.

Interview: Pfrn. Esther Baumgartner

Quelle: evang-weinfelden.ch

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