Die Regel ist klar: Bochselnacht ist am Donnerstag der letzten ganzen Woche vor Weihnachten. Und mit «Weihnachten» ist der 25. Dezember gemeint. 2022 ist das ein Sonntag, und damit der letzte Tag einer Kalenderwoche. Die letzte ganze Woche vor Weihnachten endet diesmal also mit dem Sonntag, 18. Dezember – und darum ist Bochselnacht dieses Jahr am frühestmöglichen Termin.
Das war nicht immer so! Nach jüdisch-christlicher Tradition begann die Woche nämlich jahrhundertelang am Sonntag und endete am Sabbat, also dem Samstag bzw. Sonnabend. Das erklärt auch, dass der «Mittwoch» in der Zählung tatsächlich die Mitte der Woche ist. Für die Bochselnacht galt diese Regelung bis in die jüngere Vergangenheit. Letztmals 1983 fand unser alter Brauch deshalb am 22. Dezember statt, also nur zwei Tage vor Heiligabend. Weihnachten fiel auch in jenem Jahr auf den Sonntag, 25. Dezember.
Das fanden damals viele Menschen als zu nahe am Weihnachtsfest – ein Brauch mit unklarer, allenfalls sogar heidnischen Ursprungs so nahe an der Christnacht wurde als störend empfunden. Zwar hatte schon 1978 die UNO empfohlen, die Kalenderwoche zukünftig generell am Montag zu beginnen. Der Bundesrat zögerte aber (weil es die UNO war?) und übernahm diese Regelung erst mit einiger Verzögerung in Artikel 16 der Verordnung zum Arbeitsgesetz. Daraus folgte dann, dass im Jahr 1988 erstmals die Bochselnacht am bis heute frühesten Termin, also am 15. Dezember stattfand.
PS: Und gleich im kommenden Jahr schlägt das Pendel dann auf die andere Seite aus: Bochselnacht ist dann so spät wie nur möglich, am Donnerstag, 21. Dezember 2023, weil der Weihnachtstag dann auf den Montag, 25. Dezember 2023 fällt!
Martin Sax
