Für eine saubere Zukunft – Gespräch mit Michael Burkhart

Michael Burkart Wein Weiinfelden Wyfelder

Als Winzer stehst du im Moment politisch im Fokus. Wie fühlst du dich dabei?
Grundsätzlich bin ich kein Politiker, ich konzentriere mich lieber auf meinen Betrieb. Zurzeit ist es aber unmöglich, bei den politischen Themen wegzuschauen. Schlage ich am Sonntag die Zeitung auf, fühle ich mich direkt im Visier, denn fast immer wird mit grossen Waffen auf die Landwirtschaft geschossen. Machen wir denn alles falsch? Worum geht es überhaupt?

Ja, worum geht es?
Vorweg, die Thematik Umwelt ist hochkomplex. Und ebenfalls vorweg: Bio tönt gut, hat aber momentan oft mehr mit Marketing als mit Nachhaltigkeit zu tun.
Aktuell geht es um die beiden Initiativen für sauberes Trinkwasser und für ein Pestizidverbot. Glaube mir, ich habe noch nie eine Person getroffen, die nicht sauberes Trinkwasser möchte, und auch noch nie habe ich einen Winzer sagen hören, dass er gerne mit gefährlichen Mitteln hantiert. Trotzdem gehen die Meinungen weit auseinander. Ich will hier nicht auf die Pros und Kontras eingehen, lieber erzähle ich, wie wir am Ottenberg unterwegs sind.

In den Bereichen Umweltschutz und Nachhaltigkeit?
Ja. In meinem Umfeld sind wir stets am Verbessern. So war der Ottenberg eine der ersten Regionen, die auf Insektizide verzichteten, das ist schon über 20 Jahre her. Und auch Herbizide setzen wir in unseren Rebbergen nicht ein. So weit, wie die Initiative es vorsieht, sind wir aber – ehrlich gesagt – noch nicht, denn umstellen heisst leider verteuern, vor allem bei Produzenten, die ihre Trauben nicht selber keltern. Die Traubenpreise sinken, die Produktionskosten steigen. Es ist ein Spagat, der im Moment noch nicht allen gelingt.

Warum bist du noch nicht so weit, wie du möchtest?
Ich habe es bereits einmal versucht. 2011 haben wir begonnen, unser Weingut auf biodynamisch umzustellen. Leider mussten wir schon im zweiten Jahr einen Schlussstrich ziehen, weil uns das Wetter übel mitgespielt hat und 25 % Ertragsverlust absehbar waren. Hätten wir damals weitergemacht, hätten wir einen Verlust von 50 % eingefahren. Wir hatten aber in der Familie abgemacht, dass wir alles daran setzen, die Trauben gesund zu halten, bei 25 % jedoch die Notbremse zu ziehen, sprich herkömmlich zu spritzen, aber nur so viel, wie absolut nötig.

Das Wetter scheint ein wichtiger Faktor zu sein.
Offen gesagt, gibt es für den Weinbau klimatisch geeignetere Regionen als die Schweiz. Wir haben sogar schon mit dem Gedanken gespielt, an einen trockeneren Ort umzuziehen. Überhaupt stellt sich die Frage, ob die Landwirtschaft in unserem dicht besiedelten Land noch Platz hat. Es wäre doch für jeden Landwirt viel angenehmer, dort zu produzieren, wo kein Trinkwasser bezogen wird und wo er die bösen Blicke der Nachbarn nicht bei jeder Fahrt ertragen müsste.

Aber es gibt doch Möglichkeiten, hierzubleiben.
Ja sicher, z.B. Piwi-Reben sind eine unserer Hoffnungen. Mit den 4200 Jungreben sind wir sicher auf dem richtigen Weg. Aber nicht alle Weinbauern wagen es, umzustellen. Sie haben Bedenken, ihre Trauben oder ihren bei den Kunden bewährten Wein nicht mehr verkaufen zu können. Dies sieht man im Kanton Zürich, wo zurzeit nur 1 % der Rebfläche ersetzt wird. Bei einer Lebensdauer der Reben von 30 Jahren sollten es aber gut 3 % sein.

Wie vertragen sich eigentlich Bio- und konventionelle Winzer?
Sie arbeiten immer noch zu oft gegen- statt miteinander. Die Deutschen sind da viel weiter, das habe ich schon 2009 an einem Kurs erlebt. Ob Bio- oder herkömmlicher Winzer, alle haben ihre Probleme auf den Tisch gelegt und zusammen Lösungen gefunden. Ich wünsche mir, dass es auch bei uns mehr Offenheit gibt und wir uns mehr den Problemen widmen als der Propaganda.

Und was ist mit den Weinliebhabern?
Sie sind verwöhnt, nicht nur sie, wir alle. Nehmen wir das Beispiel Spargeln. Bis sie in der Schweiz reif sind, dauert es, also werden sie schon im März importiert. Beim Geniessen dieser Spargeln denken wir aber nicht daran, dass in Spanien das rare Wasser über weite Strecken herangepumpt wird. Ein riesiges Problem! Ein bisschen Geduld oder Verzicht würde vieles verbessern.

Wie geht es bei euch weiter?
Ob die Initiativen angenommen oder abgelehnt werden: Ich schlage mit meinem Team so oder so die Stickel für neue Reben und somit für die Zukunft ein.

Quelle: Weingut Burkhart, Weinfelden
Foto: Michael Burkhart – ZVG

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