Auch der Thurgau feierte die Schweiz!
Im Sommer 1991 feierte die Schweiz ihr 700-jähriges Bestehen. Wir Thurgauer waren zwar zur Zeit ihrer Gründung im Jahr 1291 noch immer treue habsburgische Untertanen. Das blieben wir damals auch noch rund 150 Jahre lang, bis uns die Eidgenossen als Gemeine Herrschaft in Besitz nahmen. Trotzdem feierten auch wir als treue Bundesbrüder das Jubiläum mit zahlreichen übers Jahr verteilten Anlässen ordentlich mit.
In Weinfelden fand am 29. und 30. Juni 1991 der zentrale Thurgauer Festakt mit einem grossen Volksfest unter Teilnahme von allen acht damaligen Bezirken statt. Die Festansprachen hielten Bundesrat Arnold Koller und Regierungspräsident Hanspeter Fischer. Im ganzen Kanton zirkulierte über den Sommer eine grosse Wanderausstellung «Panorama 91». Eröffnet wurde von Konstanz bis Allenwinden der bis heute genutzte Pilgerweg nach Santiago de Compostela. Auch am «Weg der Schweiz» rund um den Urnersee beteiligte sich unser Kanton. Spuren davon sind bis heue in Sisikon anzuschauen. Und schliesslich pflegte man in den Jahren rund ums Jubiläum eine verstärkte Kantonsfreundschaft mit dem Wallis: «Thurgovie, c’est la Vie!»
Das Festpiel als Höhepunkt
Von Ende Juni und während fast dem ganzen Juli stand Weinfelden im Zeichen des eigentlichen Festhöhepunktes. Hier spielte das Theater «Thomas Bornhauser oder Hinter dem Horizont ist die Welt nicht zu Ende» mit über 100 Teilnehmenden an 14 praktisch ausverkauften Abenden. Der Rathausplatz bildete die Bühne, und zwischen Traubensaal und Löwen wurde für einen ganzen Sommermonat eine riesige Tribüne mit 768 Sitzplätzen errichtet.
An der Premiere war es empfindlich kalt und erneuter Regen drohte. Olivia Langer und ihr Team trockneten in einer Notfallübung mit Tüchlein die Sitzplätze, das OK verteilte Wolldecken und Regenhüllen. Die grossartigen Leistungen der Spielenden auf der Bühne liessen aber die Herzen erwärmen und brachten schon den Festspielstart zum Erfolg. Der Schauspieler Ruedi Biswanger glänzte als Thomas Bornhauser, und viele Weinfelder und Weinfelderinnen fanden einen Platz im Ensemble. Ihre Erinnerungen hallen bis heute nach.
Das Festspiel, verfasst von Hans Peter Gansner, für das Spiel eingerichtet und begleitet von Jean Grädel, vermochte alle Gäste zu begeistern. Der Autor stellte die Regeneration mit ihren politischen Wirren ins Zentrum. Der liberale Pfarrer, Politiker und Dichter Thomas Bornhauser und sein konservativer Gegenspieler Hans Konrad Häberlin standen sich gegenüber. Die Zuschauer und Zuschauerinnen begegneten Prinz Louis-Napoleon Bonaparte und seiner Mutter Hortense de Beauharnais, dazu Gauklern, Politikern, Verschwörern und Menschen aus dem Volk. Begleitet war das Theater zwischen Rathausbalkon und Traubentreppe von rasanten Tänzen, Aufmärschen und Pointen. In Erinnerung bleibt vor Ort insbesondere auch das «Trio Infernal» mit Hubi Zweifel, das einen stimmlich und kleidungsmässig starken farblichen Akzent setzte. Bis heute erinnert eine im Boden beim Rathausbrunnen eingelassene Bronzetafel an die grossartigen Aufführungen vom Juli 1991.
Beitragsbild: Das «Trio Infernal»
